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Zwischen Kanon und Geschichte Josquin im Deutschland des 16. Jahrhunderts

M. Meyer
« Épitome musical », 2016
brepols.net

Das Nachleben des Renaissance-Komponisten Josquin Desprez im deutschen Sprachraum des 16. Jahrhunderts dargestellt anhand verschiedener wesentlicher 'Rezeptionsparadigmen' No other composer before Josquin Desprez (c. 1450–1521) was appreciated in such a broad way, especially beyond elitist musician circles. It is not for nothing that his influential 16th-century afterlife has been compared to the afterlife of Beethoven in the 19th century. The present study investigates the German speaking areas where the reception of Josquin was enormously rich. The sources led to an outline by 'reception paradigms'. These paradigms – canonisation, heroisation, literarisation and historicisation – reveal the rootage of Josquin's reception in 16th century cultural history and point especially to the importance of humanistic circles for the estimation of musical authorship and polyphonic art music. Accordingly, a wide field of sources and protagonists was considered, ranging from musical manuscripts to humanistic panegyrics, from composers and music theorists to theologians, rhetoricians and philosophers – among them the church reformer Philipp Melanchthon, who valued Josquin at eye level with Homer, Caesar, and Ovid, thus with the greatest names of intellectual and cultural history at that time. Kein Komponist vor Josquin Desprez (ca. 1450–1521) hat eine so breite, über elitäre Musikerkreise hinausweisende Rezeption erfahren, und nicht umsonst wird sein einflussreiches Nachleben im 16. Jahrhundert heute immer wieder mit demjenigen Beethovens im 19. Jahrhundert verglichen. Die vorliegende Studie nimmt den sehr quellenreichen deutschen Sprachraum in den Blick, und zwar in einer durch das Material nahegelegten Gliederung nach ‚Rezeptionsparadigmen‘. Diese Paradigmen – Kanonisierung, Heroisierung, Literarisierung und Historisierung – lassen die Verwurzelung der deutschen Josquin-Rezeption in der Kulturgeschichte des 16. Jahrhunderts erkennen und verweisen besonders auch auf die Bedeutung der humanistischen Gelehrtenkultur für den Umgang mit musikalischer Autorschaft und polyphoner Kunstmusik. Entsprechend weit wurde der Horizont gespannt: Die zu Wort kommenden Quellen und Protagonisten reichen von Musikhandschriften und musiktheoretischen Traktaten bis zu humanistischer Panegyrik, von Komponisten und Musiktheoretikern bis zu Theologen, Rhetorikern und Philosophen – unter ihnen etwa auch der Reformator Philipp Melanchthon, der es nicht versäumte, Josquin in einem Atemzug mit Homer, Caesar und Ovid zu nennen, also mit einigen der damals größten Namen der Geistes- und Kulturgeschichte.